Embryonale 2021 – Ein Jahr voller Dynamik mit Embryo und den Karabinieris – Track 1
In den wenigen Lichtmomenten des Jahres 2021 habe ich versucht, alles an Musik mitzunehmen, was geht. Ich habe die ersten Sonnenstrahlen in die Hand genommen, sie ins Auto verfrachtet, habe den Musiker Matt Motel von Dortmund abgeholt, bin von einer anderen Sonne dort geblitzt worden, auf der A4 gen Osten gefahren im Juni 2021, als Embryo in Jena spielte. Wir haben unter anderem Zappa gehört, Agitation Free, – Matt hat mir alle Brotrationen während der Fahrt weggegessen und doch zugleich für gute Laune gesorgt. Ja, und dann standen wir da in Jena am Berg vor einer unglaublichen Kulisse – Am Jenzig 1. Corona lag hinter uns, Corona liegt vor uns, aber viel wichtiger ist – der Berg Embryo steht vor uns. Fast komme ich mir wie ein Jünger vor, der zum Berg des Propheten kommt – wir Groupies können nicht anders, als peinlich zu sein – im Vokabular als auch mitunter im Verhalten. Nichtsdestotrotz möchte ich nichts anderes sein als Groupie im kleinen, großen Leben von Embryo. Man mag darüber streiten, wie hochgradig peinlich das ist, aber ich kenne Menschen, die hochglücklich sind als Bratwurstverkäufer des Bezirksligisten FC Ausverkauf in der Liga Nord-Rhein. Und wenn die Bratwürste gut sind, habe ich vor diesen Menschen auch Respekt und weiß, was ihnen diese Rolle bedeutet, wie wichtig es für sie ist.
In Jena war ein Doppelkonzert von Embryo angesagt, und ich buchte eine Pension für zwei Nächte bei einer netten Kroatin, bei der ich einer der ersten Gäste nach dem Lock-Down war. Ich packte im Zimmer aus, telefonierte mit meiner Mutter, die im Krankenhaus lag, und die mich ermuntert hatte, zum Konzert zu fahren. Alles war gut. Trotzdem lag ein kleiner Schatten über meiner Seele, denn der Bruch, den sie sich bei einem Sturz Wochen zuvor zugezogen hatte, war kompliziert, und die Zukunft ungewiss. Spätestens aber, als ich zurück zum Jenzig kam, die gesamte Band einschließlich Matt Motel ihre Instrumente aufbaute, ein 0,5 Liter Bier und die Holzschlitztrommel der Band vor mir auf dem Tisch lag, war alles vergessen.
Ich atme auf, weil…ja, weil der Lock-Down zuvor nicht nur Künstlern zugesetzt hat, sondern auch all denen, die gerne zu Live-Konzerten fahren, die gerne Outdoor-Konzerte genießen…ich werde den ganzen Moment nicht vergessen…es ist für mich das erste Konzert des Jahres gewesen, und das Feeling ist so mega geil gewesen, weil ich den Eindruck hatte, etwas wie Normalität wieder in meinem Leben spüren zu können. Das Wetter ist gut, und als die Band kurz vor 18:00 Uhr bereit ist, überfliegt mich noch kurz der Gedanke, dass diese Kulisse vor der Hecke auch gut zum Hintergarten meines Elternhauses passt – will sagen – ich fühle mich ganz zu Hause.
Embryo live in Jena – 6.Juni 2021 – Von links: Matt Motel, Sascha Luer, Jan Weissenfeldt, Sebastian Wolfgruber, Marja Burchard, Maasl Maier – Foto: Christian Hanewinkel
Kein Wunder bei der Großfamilie Embryo. Ich möchte gar nicht so viel über das Konzert selbst sagen – natürlich ist es sensationell gewesen – ich langweile – ich weiß. Ich muss vielleicht als Randnotiz ergänzen: Das Konzert ist außerirdisch gut gewesen, so gut, dass ich denke, ich bin nach dem ganzen Lock-Down im falschen Film. Bis auf Bier habe ich keine Drogen genommen, aber der Musiktrip an diesem Abend – der ist für mich ganz besonders gewesen, und Superlative sind bei Embryo keine Angelegenheit von Drogen. Vermutlich ist alles an diesem Abend zusammengekommen – die Unfreiheit und Ungewissheit zuvor – die dunkle Zeit im Winter zuvor – mein Leben – das Leben vieler anderer, die Hilfe brauchen – was weiß ich. Ich kann nur sagen, dass mir dieser Sonntagabend für immer ganz besonders in Erinnerung bleiben wird, weil die Band natürlich mal wieder improvisiert, sich in sattes, frohes Grün verkrautrockt, sich in andere Ligen spielt und Matt Motel das Ensemble großartig ergänzt. Wer kennt das nicht—du bist inmitten eines Embryo-Konzerts und willst, dass das nie aufhört….es darf nicht aufhören…nie!
Ein reiches Buffet ist der wohlverdiente Lohn für die Band nach dem Konzert…Foto: Christian Hanewinkel
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