Embryo live in Hildesheim – 08.09.2020

Wenn großartige Musiker auf eine einzigartige Bühne stoßen, dann ist das schon viel wert. Wenn dazu noch ein Publikum aus allen Generationen hinzustößt, ist es perfekt. Embryo in Hildesheim –  das war alles zusammen – und alleine die aufgebaute Kulisse hat schon verraten, welchen Respekt man der Urgestein-Band Embryo entgegenbringt. Man kann dem Licht.N.Stein-Atelier in Hildesheim und Lucid und Lito nur danken dafür, dass sie dieses Konzert möglich gemacht haben. Unglaublich. Phänomenal. Was Sascha Luer, Sebastian Wolfgruber, Jan Weissenfeld, Maasl Maier, Edgar Wendt und Marja Burchard danach an Klanggemälden schufen, ist der Rede wert…aber….hört selbst…!

Wer einfach nur das Konzert hören möchte, hört jetzt auf zu lesen. Und der verpasst Wesentliches, was rund um das Konzert geschieht.  Und der verpasst auch, was Embryo immer auch gewesen ist. Einzelgeschichten rundum, ein Fluss an Begegnungen.

Begegnungen

Ich gehe bei der Zugabe aus lauter Glücksgefühl raus, höre ja noch die Klänge im Kulturratskeller, sage Maasl, dem Bassisten, und Jan, dem Gitarissten, später noch, dass mir langsam die Band auf den Sack geht, weil sie zu gut für mich und mein Leben ist. Überlege, nach Dänemark zu fahren, wo Embryo vor einer Schulklasse auftreten wird, die Karl Hector and the Malcouns noch zustoßen werden auf einem Jazzfestival …ja, fehlt nur noch Karaba. Mensch, was für eine Band, die mich so etwas spinnen lässt! Ich finde das überragend.

Als ich oben eine rauche, sitzt da ein junger Mensch (18 Jahre alt) namens Chris aus Raesfeld mit einer Ukulele, und ich quatsche ihn gleich an, weil ich wissen möchte, was er draußen macht. Eigentlich bin ich fassungslos, wie ein junger Mensch da draußen sitzen kann, während unten im Keller die weltbeste Live-Band aller Zeiten spielt. Natürlich mache ich mir auch Sorgen um die Jugend, wenn ich so etwas beobachte. Wie kann man oben alleine sitzen, während Deutschlands beste Live-Band unten live spielt? Bei aller Toleranz kann man das ja so nicht stehenlassen. Ich frage ihn und er antwortet ganz direkt: „Hört sich verdammt gut an, was ich gerade so mitbekomme.“

Er sagt, dass er sich in Hildesheim für ein Studium eingeschrieben habe, aber auch in Münster für Philosophie und Physik. Ich bin so vertieft ins Gespräch mit ihm, dass ich nicht einmal mitbekomme, wie hundert Meter weiter ein Einbruchsversuch in einem Juweliergeschäft stattfindet. Erst Minuten, später, als eine Polizistin auf uns zukommt und fragt, ob wir etwas mitbekommen hätten, sagt Chris, dass er komische Geräusche von Glas mitbekommen habe. Ich war da wohl Gentle Giant…“ In a Glass House“. Mehr weiß Chris aber auch nicht. Danach frage ich ihn, ob wir nach unten zur Band gehen sollen. Wir gehen nach unten und die Band baut ab. Aber Platten und CDs stehen da noch zum Verkauf, und Chris eröffnet mir, dass er sich gerade einen Plattenspieler zugelegt habe. Und welche Platten ich ihm empfehlen würde? Ich habe zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, was er so hört, aber Marja hört mit und empfiehlt ihm gleich die La Blama sparozzi aus dem Jahr 1982 und dann mischt sich Maasl ein und empfiehlt ihm Embryo live und nach einer langen Diskussion, welche Platte für einen bis dato Nicht-Embryo-Hörer geeignet ist, bekommt er dann ein ganzes Paket an Platten und Cds mit.

Mit der Band stehen wir dann bis kurz vor eins da, quatschen, und zwei Tage später höre ich im Gespräch mit Chris, dass sie wohl noch alle zusammen am nächsten Tag in Hildesheim oder wo auch immer ein Museum für seltene Musikinstrumente besucht hätten. What a band, what a Chris.  In diesen Momenten weiß ich jedenfalls wieder, dass ich im Leben drin bin, die Band auch, und dass es Menschen gibt, die das Leben  finden ohne zu suchen. Chris hat sich leider für ein Studium in Hildesheim entschieden, wie er mir sagte, und ich hätte ihn gerne in Münster nahe bei mir gehabt. Aber Hildesheim ist genauso weit wie Embryo, die mal hier, mal da sind, und doch immer nahe.

Wir können gar nicht glückschätzen, wie wichtig es ist, mit Menschen und Musikliebhabern zusammen zu sein. War am Samstag bei meinen Freunden Dirk und Frank, und wir haben eine echte Blue Öyster Cult und Peter Gabriel-Session gemacht. Musik ist jugendübergreifend. Deswegen allein ist mir Chris und die Begegnung ans Herz gewachsen, weil ich bereits während des Konzerts gemerkt habe, dass Embryo mittlerweile ein Dialog der Generationen darstellt, Menschen verbindet, nicht nur Kulturen. Dieses Gefühl hat mir die Band noch einmal nähergebracht und viel näher ertrage ich nicht. Diese Band ist meine große Liebe. Und ich danke meiner mittlerweile pflegbedürftigen 86-jährigen Mutter, dass sie so viel Verständnis für meine Embryo-Eskapaden aufbringt. Deswegen ist auch sie für mich ein Teil der weltumspannten Embryo-Gemeinde, die man nur als Familie empfinden kann.

In diesem Sinne…Ciao, ciao…Embryo, bis zum nächsten Mal!!!

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